Martinů – H. 313

Bohuslav Martinů
* Polička, 8. Dezember 1890
† Liestal (Kanton Basel), 28. August 1959

Three Madrigals (H. 313)

komponiert: New York, NY (28 W 58th Street), Feburar – März 1947
Widmung: Joseph & Lillian Fuchs

Uraufführung: New York, NY, New York Times Hall (240 W 44th Street)
Joseph Fuchs (1899-1997), Violine
Lillian Fuchs (1901-1995), Viola

Erstausgabe: Boosey & Hawkes, New York, 1949

Gerade noch rechtzeitig, drei Tage bevor die braunen Horden am 14. Juni 1940 Paris überrannten, hatten Bohuslav („Bohuš“) Martinů und seine Frau Charlotte („Charlie“) am 11. Juni die Stadt fluchtartig verlassen. Martinůs Freund, der Pianist Rudolf Firkušny, hatte sie mit einiger Mühe von der Notwendigkeit dieses schweren Schrittes überzeugt. Fast zehn Monate lang sollte diese Flucht dauern, und, wie „Charlie“ sich dann erinnerte, schliefen sie in dieser Zeit in vierzig verschiedenen Betten: Über Villefavard, wo das Paar im Haus von Charles Munch unterschlüpfen wollte, das sie aber schon mit Flüchtlingen vollbesetzt vorfanden, und das benachbarte Rancon gelangten sie nach Cauterets (Hautes-Pyrénées), wo sie aber ihre Freundin, die Geigerin Colette Frantz, nicht mehr antrafen und über Aix-en-Provence. Hier warteten sie, bis es Miloš Šafránek im September endlich gelang, in New York für sie Einreisevisa zu besorgen – das Vichy-Régime hatte ihnen Reisedokumente verweigert –, und erreichten schließlich über Marseille und Madrid Lissabon. Dort mußten sie bis zum 21. März 1941 auf einen Schiffsplatz warten und erreichten nach stürmischer Passage am 31. März (dem Geburtstag von Bach und Haydn) mit der SS Exeter den sicheren Hafen von New York.

Nicht erst seit dem denkwürdigen New-York-Aufenthalt von Antonín Dvořák (1892-1895) hatte die Stadt eine zahlreiche tschechische Kolonie, in der an Musikern und Melomanen kein Mangel herrschte, und so gestaltete sich der Empfang Martinůs in einer ihn überraschenden Weise triumphal. Aber nicht nur seine engeren Landsleute, sondern auch die Musikgrößen anderer Nationen nahmen an Martinůs Schicksal Anteil. In Sergej Kusevickij fand er einen überaus tatkräftigen Förderer, und vor allem Kusevickij ist es zu verdanken, daß sich Martinů in den ersten Jahren seines amerikanischen Exils das bisher von ihm gemiedene Feld der Symphonie erobern konnte: zwischen 1942 und 1946 entstanden im Jahresrhythmus die ersten fünf von Martinůs insgesamt sechs Symphonien und wurden jeweils prompt, an prominenter Stelle und mit großem Erfolg aufgeführt. Insofern erging es Martinů hier deutlich besser als seinem Schicksalsgenossen Béla Bartók (den er übrigens, so weit wir wissen, in den viereinhalb Jahren, die sie nicht weit voneinander entfernt wohnten, kein einziges Mal getroffen hat). Kusevickij war es auch, der Martinů den Weg nach Tanglewood ebnete: hier, im zauberhaften Hügelland ganz im Westen des Staates Massachusetts, an der Grenze zum Staat New York, hatte Kusevickijs Orchester, das Boston Symphony Orchestra, schon 1937 die New York Philharmonic abgelöst, die davor hier ihr Sommerquartier aufgeschlagen hatte; und 1940 hatte Kusevickij das Berkshire Music Center gegründet, das in wenigen Wochen – am 8. Juli 2015 – als weltbekanntes Tanglewood Music Center sein 75-Jahr-Jubiläum feierlich begehen wird. Schon im ersten Jahr hatte Kusevickij mit Hindemith und Copland zwei prominente Komponisten als Dozenten für seine Schule gewonnen; 1942 sollte Stravinskij an Coplands Seite unterrichten – und als dieser absagte, lud Kusevickij Martinů ein. (p. 121). am 1. Juli 1946 kehrte Martinů dann, wieder an der Seite von Aaron Copland, hierher zurück (p. 151) – mit dramatischen Folgen: in der Nacht vom 25. auf den 26. Juli stürzte Martinů von einem ungesicherten Balkon seines Quartiers – dem „Searles Castle“ in Great Barrington –
151 Stufen